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Backwaren & Nachhaltigkeit – ein gutes Paar

© Юлія Вівчарик on Unsplash

Der Begriff Nachhaltigkeit ist seit vielen Jahren in aller Munde und mehr als bloß ein Trend. Nachhaltig handeln heißt, nicht mehr zu verbrauchen als nachwachsen kann, damit auch folgende Generationen noch genügend Rohstoffe zur Verfügung haben.

Das Thema Ernährung spielt dabei eine bedeutende Rolle und in diesem Zusammenhang auch Getreide, einer unserer wichtigsten Rohstoffe. Backwaren sind somit nicht einfach irgendwelche Lebensmittel. Sie sind eine zentrale Säule in unserem Ernährungssystem und ein wichtiger Faktor bei der Frage, wie die wachsende Weltbevölkerung auch in Zukunft ausreichend und nachhaltig ernährt werden kann.

Eine Diät für die Zukunft

Genau mit dieser Frage beschäftigte sich vor wenigen Jahren eine große, internationale Forschungsgruppe: Wie ernähren wir die Weltbevölkerung, die bis 2050 schätzungsweise von rund sieben Milliarden auf rund zehn Milliarden Menschen angestiegen sein wird, und zwar so, dass es für alle genug und gesund ist und gleichzeitig die natürlichen Grenzen unseres Planeten nicht überschritten werden? Sprich: Wie ernähren wir uns nachhaltig?

Die Antwort lieferte die von den Forschern und Forscherinnen entwickelte Planetary Health Diet, eine überwiegend pflanzliche Ernährungsweise mit nur wenigen tierischen Produkten – und einem hohen Anteil an Getreide. Etwa 232 Gramm Vollkorngetreide pro Tag empfiehlt die Planetary Health Diet, das entspricht rund 800 Kalorien. Getreide stellt damit den größten Energielieferanten innerhalb dieser Ernährungsweise dar.

Nachhaltig ist, was effizient ist

Dass Getreide so gut bei den Forschern abschneidet, liegt daran, dass die Pflanze sowohl in Sachen Gesundheit als auch in puncto Nachhaltigkeit einiges zu bieten hat. Getreide liefert viele wichtige Nährstoffe und als Vollkorn-Variante vor allem eine ordentliche Portion Ballaststoffe. Auf Grund dieser positiven Eigenschaften werden Produkte aus dem vollen Getreidekorn auch von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung für den täglichen Speiseplan empfohlen.

Nun geht es aber bei der Planetary Health Diet eben nicht nur um gesundheitliche Aspekte, sondern im gleichen Maße um nachhaltige. Getreide ist eine sehr ertragreiche Pflanze, allen voran Weizen. Es wird – verglichen mit anderen Lebensmitteln – wenig Fläche und Wasser benötigt, um verhältnismäßig viele Nahrungskalorien zu produzieren. Auch die CO2-Emissionen sind vergleichsweise gering. Getreide ist also ein Rohstoff, der sehr effizient produziert werden kann: Wenig ist nötig, um viel herauszubekommen. Und das ist ein ganz zentraler Aspekt von Nachhaltigkeit. Wenn auch selbstverständlich nicht der einzige.

Von Natur aus vegan

Getreide und viele aus Getreide hergestellte Produkte sind vegan. Sie enthalten keine tierischen Bestandteile, sind also rein pflanzlich. Circa 80 % der weltweit landwirtschaftlich genutzten Fläche werden für die Erzeugung tierischer Lebensmittel verwendet. Logisch, denn hierunter fallen nicht nur die Flächen, auf denen Tiere gehalten werden, sondern auch die, auf denen Tierfutter angebaut wird. Einmal an das Tier verfüttert, kommt es zu sogenannten „Veredelungsverlusten“. Das heißt, das Tier liefert hinterher weniger Kalorien, als man vorher in es hineingefüttert hat. Und hier sind wir wieder beim Thema Effizienz: Effizienter wäre es, die Kalorien, die in die Tierzucht fließen, direkt für die menschliche Ernährung zu verwenden. Wenn die weltweit angebauten Futterpflanzen, wie Getreide, Soja und Ölsaaten, direkt für die menschliche Ernährung genutzt werden würden, würden circa 70 % mehr Nahrungskalorien zur Verfügung stehen. Damit könnte man ohne Ausweitung der Agrarflächen schon heute rund vier Milliarden Menschen mehr ernähren. [1]

Nachhaltige Backwaren durch längere Frischhaltung

Beim Blick auf die Nachhaltigkeit in Bezug auf Lebensmittel zeigt sich, dass das Wegwerfen, vor allem von Brot und Backwaren, ein großes Problem darstellt, und das, obwohl Getreide ein so nachhaltiger Rohstoff mit guten Erträgen ist. Um Brot und Backwaren länger frisch zu halten und somit die entsorgten Mengen zu verringern, gibt es viele Möglichkeiten. Zum einen kann sich eine lange Teigführung sowie die Nutzung von Sauerteig positiv auf die Frischhaltung auswirken, zum anderen ist aber auch der Wasseranteil einer Rezeptur entscheidend. Hilfreich ist die Verwendung von dunkleren Mehlsorten, da diese Quell- und Schleimstoffe beinhalten, welche mehr Wasser binden. Aber auch Backmittel können für eine längere Frischhaltung sorgen und das Altbacken verzögern, wodurch weniger weggeworfen werden muss. Dabei spielt die Enzymtechnologie eine entscheidende Rolle und trägt wesentlich zur Haltbarkeitsverlängerung von Backwaren bei. Daneben fördert auch eine hohe Anbacktemperatur die Frischhaltung und nicht zuletzt die richtige Lagerung.

Die Umwelt stets im Blick

Unternehmen der Backbranche können nur existieren, wenn die Natur intakt ist, denn ohne Getreide können keine Backwaren hergestellt werden. Deshalb sind die Erhaltung und Schonung der Umwelt sowie eine energiesparende Produktion mit moderner Technik und einem kritischen Blick auf den CO2-Ausstoß sowie den Strom-, Gas- und Wasserverbrauch unumgänglich. Zu einem schonenden Umgang mit der Umwelt zählt auch die strikte Einhaltung aller Richtlinien bezüglich Recycling und Mülltrennung. Vorteilhaft sind zudem die großen Mengen an Rohstoffen, die bei Backzutaten- und Backwaren-Herstellern gebündelt verarbeitet werden, denn durch den Einkauf von Produkten in Großgebinden fällt weniger Verpackungsmüll an. Zudem werden viele Backwaren als sogenannte „lose Ware“ an der Bäcker-Theke angeboten, also unverpackt. In der Regel gibt es dann eine Papiertüte für den Transport.

Bei Bäckereien ist es sehr schwierig, Überproduktion komplett zu vermeiden, sodass im Sinne der Nachhaltigkeit überlegt wird, wie nicht abverkaufte Reste sinnvoll zweitverwertet werden können, etwa indem unverkaufte Ware am nächsten Tag zum halben Preis angeboten oder an eine Einrichtung der Tafel abgegeben wird. Inzwischen helfen aber auch digitale Tools den Bäckereien, den voraussichtlichen Abverkauf möglichst genau vorherzusagen, sodass entsprechend produziert werden kann. Bleibt doch etwas übrig, kann Altbrot zu Paniermehl oder Knödelbrot weiterverarbeitet werden. Das gilt in der Bäckerei wie zu Hause.

Jeder Schritt zählt

Nachhaltigkeit bestimmt unsere Zukunft und die nachfolgender Generationen. Deshalb nimmt sie branchenübergreifend eine wichtige Rolle ein. Auch für die Zukunftsfähigkeit und Kundenbindung von Unternehmen ist ein nachhaltiges System wichtig, denn immer mehr Konsumenten achten darauf, wie ein Betrieb mit dem Thema umgeht. Grundsätzlich aber ist die Welt der Backwaren in Sachen Nachhaltigkeit gut aufgestellt, denn sie bringt sehr gute Grundvoraussetzungen mit. Auf den Weg zum Bäcker braucht also niemand verzichten. Zu Fuß schon gar nicht.  

Quellen:

Cassidy ES, West PC, Gerber JS, Foley JA (2013): Redefining agricultural yields: from tonnes to people nourished per hectare. Environ. Res. Lett. 8 (3), 34015

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