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Gott erhalt’s: Malz!

Foto: ©IREKS

Alte Sprichwörter kommen nicht von ungefähr. So auch die Bitte, dass Gott den Hopfen und das Malz erhalten möge. Sicher geht es hier weniger um die Wertschätzung der Rohstoffe an sich, als vielmehr um den daraus hergestellten alkoholischen Genuss. Dennoch wird klar: Hopfen und Malz spielen schon lange eine Rolle in unserer Ernährung. Malz umso mehr, da es früh seinen Weg vom Bier zu unserem Grundnahrungsmittel Nummer eins gefunden hat: Brot.

Schon seit Mitte des 19. Jahrhunderts wird Malz zum Backen verwendet. Damit gilt es als eines der ältesten Backmittel überhaupt. Laut Definition in den Leitsätzen des Deutschen Lebensmittelbuchs sind Backmittel Zutaten, die dazu bestimmt sind, die Herstellung von Backwaren zu erleichtern, die wechselnden Eigenschaften der Rohstoffe auszugleichen und die Qualität der Backwaren zu beeinflussen. Und genau das tut Malz. Zum einen kann Malz durch die von Natur aus enthaltenen und beim Keimen während des Mälzens aktivierten Enzyme Mehl mit geringer Enzymaktivität „aufpeppen“, zum anderen kann es die Qualität der Backwaren beeinflussen – und zwar mit einer Extraportion unterschiedlichster Aromen. Aber der Reihe nach.

Was ist Malz eigentlich?

Bei Malz handelt es sich um gekeimtes Getreide, üblicherweise Gerste, Weizen, Roggen oder Dinkel. Letztlich ein ganz natürlicher Prozess – würde man das Korn an der Ähre belassen, würde es irgendwann zu Boden fallen und bei Nässe, z.B. durch Regen, ebenfalls beginnen zu keimen. Für die Herstellung von Brau- oder Backmalz geschieht dies selbstverständlich nicht auf dem Acker, sondern in speziellen Keimkästen unter streng kontrollierten Bedingungen. Das Getreide wird dafür geprüft, gereinigt, in Wasser eingeweicht und keimt dann bei einer Temperatur zwischen 11 °C und 20 °C ein paar Tage gemütlich vor sich hin. Währenddessen steigt der Wassergehalt des Korns auf rund 40 % an und die Enzymaktivität nimmt zu. Das Ergebnis dieser ersten Verarbeitungsschritte nennt sich Grünmalz. Es folgt das Darren, also das Dörren oder Trocknen. Aus dem Grünmalz wird Darrmalz. Wird das Darrmalz dann noch geröstet, entsteht Röstmalz, wird dieses zudem karamellisiert, ergibt es … ? Richtig: Karamellmalz. Bei all diesen Schritten können anhand verschiedener Parameter die Wirkung und Sensorik des fertigen Malzes maßgeblich beeinflusst werden. Angefangen bei der Auswahl des Ausgangsgetreides über den Wassergehalt im Grünmalz bis hin zu den Temperaturen beim Keimen und Darren. So kann eine Vielzahl von unterschiedlichen Malzen mit ganz individueller Charakteristik erzeugt werden, von hellgelb bis dunkelbraun, von mild bis aromatisch. Beim Backen wird das fertige Malz meist als Mehl, Schrot, Flocken oder in flüssiger Form als Malzextrakt eingesetzt.

Ein natürlicher Enzymlieferant

Aber warum gibt man überhaupt Malz in einen Brotteig? Kurz gesagt aus zwei Gründen: Enzyme und Aromen. Enzyme bauen während der Teiggare Stärke zu Zucker ab. Der Zucker ist zum einen Futter für die Hefe, damit diese gehen und den Teig luftig machen kann, und er führt zum anderen beim Backen zur Bräunung. Wohl dosiert verbessern Enzyme daher Krume und Kruste von Brot und Brötchen – die Krume wird schön locker und elastisch, die Kruste „rösch“, also knusprig. Ist es allerdings zu viel des Guten, schmiert der Teig im wahrsten Sinne des Wortes ab, die Krume wird unelastisch bis „klitschig“, die Kruste kann zu dunkel werden und sich von der Krume lösen. Da Mehl von Natur aus Enzyme enthält, der Gehalt und die Aktivität aber nicht nur je nach Sorte schwanken, sondern von Ernte zu Ernte unterschiedlich sein können, erfordert es viel Know-how und Fingerspitzengefühl, die richtige Dosis zusätzlicher enzymhaltiger Produkte wie Malz auszutarieren (mehr Infos über Enzyme und deren Wirkung in Backwaren gibt es hier). Gewusst wie, hilft Malz, natürliche Schwankungen in Mehlen auszugleichen.

Aromageber mit Entfaltungspotenzial

Nicht minder entscheidend für den Einsatz von Malz ist die Sensorik. Auch hier ist Fingerspitzengefühl gefragt, zudem ein geschulter Gaumen und nicht zuletzt Kreativität und Experimentierfreude. Wie bereits erwähnt, kann das Aroma bei der Herstellung von Malz stark beeinflusst werden. Ein wesentlicher Faktor ist dabei die Temperatur – je mehr davon das Korn abbekommt, desto intensiver wird das Aroma, umso dunkler die Färbung sowohl des Malzes als auch der Backware, in der man das Malz verwendet. Helle Malzmehle und -extrakte zeichnen sich meist durch milde, honigartige Noten aus, dunkle, thermisch behandelte Malzmehle und -extrakte gehen eher in die würzige, röstige Richtung, bis hin zu kaffeeartigen Aromen.

Da es sein kann, dass bei der Herstellung einer speziellen Backware zwar viel Aroma durch die Zugabe von Malz gewünscht ist, nicht aber zusätzliche Enzymaktivität (weil das verwendete Mehl beispielsweise bereits genug davon mitbringt), gibt es auch enzym-inaktive Malzprodukte. Diese wurden so hoch erhitzt, dass die Enzyme ihre Wirkung verloren haben. So kann man größere Mengen zugeben und das volle Aroma des jeweiligen Malzes zur Geltung bringen, ohne ein unbefriedigendes Backergebnis befürchten zu müssen.

Kommt jetzt nach Craft Beer auch Craft Bread?

Malz hat sich zu einem regelrechten Trendprodukt entwickelt, was nicht zuletzt der Craft-Beer-Bewegung zu verdanken ist. Aber auch viele Bäckereien haben begonnen, mithilfe von Malz ihren Gebäcken eine ganz individuelle Note zu verleihen und sich damit aus der Masse abzuheben. „Craft“ bedeutet nichts anderes als Handwerk. Brauen und Backen sind alte, traditionelle Handwerke, vor denen Fortschritt und neue Technologien aber natürlich nicht haltgemacht haben. Malze sind ein schönes Beispiel dafür, dass Kreativität und Individualität, Können und Wissen – die Kernelemente eines Handwerkes – nicht im Widerspruch zu moderner Produktion stehen, sondern sich wunderbar ergänzen können.

Quellen:

Dr. Thomas Kunte, Jasmin Heisinger: Malz: Tradition trifft Trend. Herstellung, Einsatzmöglichkeiten & sensorischer Einfluss des Trendprodukts. backwaren aktuell 03/2019, S. 12-15

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