Backwarenherstellung
Langzeitführung – mehr Aroma im Brot, mehr Flexibilität im Bäckerhandwerk
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Die Langzeitführung ist bei der professionellen Backwarenherstellung ein gängiges Verfahren zur Zubereitung von Teigen und auch so mancher Hobbybäcker wendet es gerne an. Wir erklären, was sich hinter diesem Wort verbirgt und welche Vor- und Nachteile die Methode mit sich bringt.
Ihre Ursprünge hat die Langzeitführung in der traditionellen Brotbackkunst, schon vor Jahrhunderten wurde sie so oder ähnlich praktiziert. Durch die Industrialisierung des Bäckerhandwerks verlor dieser Prozess etwas an Bedeutung, bis er in den 1970er Jahren wieder in den Fokus rückte. Doch was bedeutet Langzeitführung genau und wie wird sie heute in der Praxis umgesetzt?
Was ist Langzeitführung?
Je nach Backware und gewünschten Eigenschaften wird eine Methode zur sogenannten „Teigführung“ ausgewählt. Der Begriff Teigführung beschreibt nichts anderes, als die Art, wie ein Teig behandelt wird, bevor er in Form gebracht wird und in den Ofen kommt.
Bei der Langzeitführung geht es vor allem um die Verlängerung der Gare – also um die Zeit, die einem Teig zum Ruhen gegeben wird, damit das Backtriebmittel (in der Regel Hefe) seine Arbeit tun kann und der Teig sein Volumen vergrößert. Wird diese Zeit großzügig über das übliche Maß hinaus ausgedehnt, kann sich das positiv auf bestimmte Teigeigenschaften, wie das Aroma, die Textur und die Frischhaltung auswirken. Wichtig ist jedoch, dass auch die Rezeptur des Teiges sehr präzise auf diese Methode abgestimmt wird, beispielsweise muss mit einer reduzierten Menge an Hefe gearbeitet werden und die Gare ggf. unter kühleren Bedingungen erfolgen.
Konkret wird zwischen zwei Verfahren der Langzeitführung unterschieden:
- Langzeitführungen bei Raumtemperatur über 2 bis 4 Stunden
- Langzeitführungen bei Kühlung (4-12 °C) über 4 bis 16 Stunden (teilweise auch länger)
Durch die lange Führung ist es nötig, die verwendete Hefemenge entsprechend anzupassen. So wird bei der Langzeitführung mit etwa 40-50 % weniger Hefe gearbeitet. Je länger die Gare ist und je wärmer die Temperatur, desto weniger Hefe wird benötigt.
Zeit kann man schmecken – Vorteile der Langzeitführung
Durch eine Langzeitführung hat das Mehl im Teig mehr Zeit, um die zugesetzte Flüssigkeit aufzunehmen und zu quellen. Dies wirkt sich positiv auf die Haltbarkeit von Backwaren aus – man spricht von einer längeren Frischhaltung.
Auch Konsistenz und Textur profitieren, der Teig wird luftiger, die Krume wird saftig und erhält eine leicht wilde, unregelmäßige Porung, die Kruste bekommt eine schöne „Rösche“, wird also knusprig. Gerade für Teige, die besonders elastisch und gut formbar sein sollen, eignet sich die die Langzeitführung hervorragend, denn durch die lange Teigruhe bilden sich die Glutenstrukturen besser aus.
Insbesondere dem Geschmack kommt die lange Ruhepause von langzeitgeführten Teigen zugute. Aromen haben hier viel Zeit, um sich ausgiebig zu entfalten. Zudem sorgen Enzyme dafür, dass vermehrt komplexe Zucker abgebaut werden, was den Geschmack ebenfalls positivbeeinflusst.
Doch die Methode der Langzeitführung hat nicht nur Vorteile für die hergestellten Backwaren – auch Bäckerinnen und Bäcker gewinnen durch dieses Verfahren, und zwar an Arbeitszufriedenheit. Wenn es um einen Beruf im Bäckerhandwerk geht, sprechen oft die nächtlichen Arbeitszeiten gegen diesen Weg. Das Verfahren der Langzeitführung ermöglicht es, die unerwünschten Zeiten zu umgehen, denn damit können Teige bereits am Vortag vorbereitet werden und über Nacht gehen. Die Verlagerung der Arbeit von der Nacht auf den Tag ist ganz entscheidend für eine gute Work-Life-Balance und macht den Beruf der Bäckerin und des Bäckers wieder attraktiver. In Zeiten von Fachkräftemangel, unter dem das Bäckerhandwerk besonders leidet, ein wichtiger Faktor.
Sensible Parameter genau einhalten – Nachteile der Langzeitführung
Die Langzeitführung bietet viele Vorteile, doch ist für eine erfolgreiche Umsetzung einiges zu beachten. Gerade die Einhaltung von Temperaturen ist sehr wichtig, dementsprechend sind die Teiglinge anfällig bei Temperaturschwankungen und es muss sehr präzise gearbeitet werden.
Zudem ist es durch die lange Dauer der Methode schwierig, den Zeitpunkt der optimalen Gärreife sicher zu bestimmen. Hier sind viel Fachkenntnis und Erfahrung gefragt.
Je nach gewählter Methode der Langzeitführung können auch die Jahreszeiten einen Einfluss auf den Prozess haben. Werden die Teiglinge bei Raumtemperatur gelagert, kann sich diese im Sommer stark von der im Winter unterscheiden und folglich muss die Produktion entsprechend angepasst werden.
Zwar ermöglicht die Langzeitführung auf der einen Seite mehr Flexibilität, aber es ist eben auch mehr Zeit, Planung und Know-how erforderlich.
Die richtige Führung für den richtigen Teig
Auf Grund der vielen Vorteile setzen inzwischen viele Bäckereien auf Backwaren aus langzeitgeführten Teigen. Wobei es natürlich immer auch auf die Art der Backware ankommt – die Langezeitführung eignet sich nicht für jede Teigart und nicht jede Backware. Brot und Brötchen profitieren jedoch in vielerlei Hinsicht von einer langen Teigruhe, insbesondere die gut entwickelten, vielfältigen Aromen machen die Langzeitführung hier zur Methode der Wahl.
Übrigens: Auch zu Hause kann man die Langzeitführung anwenden und einen Hefeteig über Nacht im Kühlschrank gehen lassen und am nächsten Tag backen. Dabei gilt es jedoch ebenfalls, mit Rezepten zu arbeiten, die speziell darauf ausgerichtet sind. Sowohl online als auch in der Kochbuchabteilung gut sortierter Buchhandlungen lässt sich inzwischen einiges Schönes zu dem Thema finden. Wer sich nicht selbst die Mühe machen möchte, wird aber sicher auch beim Bäcker um die Ecke mit leckeren Broten und Brötchen aus langzeitgeführten Teigen glücklich.
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