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Salz – Kein Grund zur Panik

Salz ist überlebenswichtig

Foto: ©Unsplash

Salz reiht sich ein in die immer länger werdende Liste von Lebensmitteln, die man nur noch mit schlechtem Gewissen essen kann. Denn zu oft hat man inzwischen schon gehört, dass Salz gesundheitsschädlich ist. Aber stimmt das tatsächlich oder handelt es sich bloß um einen weiteren Ernährungsmythos?

Viel wurde und wird geforscht zur Frage, wie Salz unsere Gesundheit beeinflusst. Einige Erkenntnisse scheinen gesichert, abschließend beantwortet ist die Frage aber noch nicht. Fest steht, dass die einschlägigen Ernährungs- und Gesundheitsorganisationen von zu viel Salz abraten und vor allem Menschen mit Bluthochdruck auf ihren Salzkonsum achten sollten. Fest steht auch, dass sich die Lebensmittelwirtschaft in der von der Bundesregierung beschlossenen Nationalen Reduktions- und Innovationsstrategie dazu verpflichtet hat, bis zum Jahr 2025 konkrete Reduktionsziele für Zucker, Fette und Salz zu erreichen. Und fest steht genauso, dass Salz uns schmeckt. Und das hat einen wichtigen Grund: Es ist lebensnotwendig.

Elektrolyte, die uns in Bewegung halten

Speise- bzw. Kochsalz besteht aus den Mineralstoffen Natrium (Na) und Chlorid (Cl). Beide übernehmen wichtige Funktionen in unserem Körper. Natrium ist unerlässlich für die Regulierung des Wasserhaushalts und für die Übertragung von Reizen bei Muskel- und Nervenzellen. Ohne Natrium wäre unser Bewegungsapparat komplett lahmgelegt. Chlorid wiederum spielt bei unserer Verdauung eine zentrale Rolle. Als Teil des Magensafts sorgt es für ein saures Milieu, in dem Keime abgetötet, Eiweiße denaturiert und so für die weitere Verdauung vorbereitet werden.
In unserem Körper befindet sich also Salz, bei einem erwachsenen Menschen sind es etwa 150 bis 300 Gramm. Über unsere Ausscheidungen – Schweiß, Tränen und Urin – verlieren wir kontinuierlich etwas davon. Da unser Körper Salz nicht selbst produzieren kann, müssen wir es mit der Nahrung aufnehmen. Das ist auch der Grund, warum es uns so gut schmeckt. Nicht immer war Salz so verfügbar wie heute und in Zeiten, als es noch ein rares Gut war, war die Lust auf Salziges ein Verlangen, das unser Überleben sichern sollte. Denn Salzmangel kann zu Müdigkeit, Reaktionsträgheit und Muskelkrämpfen führen, ein kompletter Verzicht über längere Zeit sogar zum Tod.

Die Dosis macht das Gift

In unserer heutigen, und besonders der westlichen Welt, ist es quasi ausgeschlossen, dass wir zu wenig Salz aufnehmen. Etwa ein bis drei Gramm benötigen wir täglich, um unsere Salzverluste auszugleichen. Die durchschnittliche Aufnahme in Deutschland liegt bei Männern bei 10,0 Gramm, bei Frauen bei 8,4 Gramm [1]. Die große Frage ist also nicht mehr, was zu wenig ist und wie der Salzbedarf gedeckt werden kann, sondern was zu viel des Guten ist und ab wann Salz gesundheitsschädlich wird. Kein Zweifel besteht darin, dass Salz in extrem hohen Dosen toxisch wirkt, solche Mengen würde jedoch keiner freiwillig aufnehmen. Mehr als zehn Esslöffel müsste ein Erwachsener an einem Tag essen. Da wird einem schon bei der Vorstellung übel.
Seit den 70er-Jahren steht eine überdurchschnittliche Salzaufnahme jedoch im Verdacht, für Bluthochdruck verantwortlich zu sein. Denn je mehr Salz aufgenommen wird, desto weniger Flüssigkeit steht im Körper zur Verfügung, vor allem, wenn nicht ausreichend getrunken wird. Dies kann zu Gefäßverengung führen und das wiederum zu einem höheren Blutdruck. Bei chronisch zu hohem Bluthochdruck spielen jedoch in der Regel auch noch andere Faktoren eine Rolle, wie zu wenig Bewegung, Übergewicht und Nikotin. Nichtsdestotrotz: Eine salzarme Ernährung kann bei Bluthochdruckpatienten eine Besserung bewirken. Ein bisschen Sport, abnehmen und das Rauchen aufgeben, schadet sicher auch nicht.

Wie viel ist zu viel?

Es gilt als gesichert, dass hoher Salzkonsum den Blutdruck erhöht und eine Salzreduktion den Blutdruck senkt. Aber ab wann genau ist der Salzkonsum zu hoch? Laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung sollte man täglich nicht mehr als 6 Gramm Salz aufnehmen, die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt maximal 5 Gramm. Überholte Angaben, meinen kanadische Forscher, die in einer großangelegten Kohortenstudie erst ab einer Salzaufnahme von mehr als 12 Gramm einen Zusammenhang mit kardiovaskulären Erkrankungen und Schlaganfällen feststellten [2]. Ohne weitere kontrollierte und randomisierte Studien kein Grund, die geltenden Empfehlungen zu ändern, so die Deutsche Hochdruckliga [3]. Ein wichtiger Input für die aktuelle Debatte um eine weitreichende Reduktion von Salz in Lebensmitteln, so der Lebensmittelverband Deutschland [4].

Ein grundsätzliches Problem der Ernährungswissenschaft

Wenn es darum geht, Zusammenhänge zwischen Ernährung und Gesundheit festzustellen, steht die Ernährungswissenschaft immer vor zwei Problemen: 1. Menschen sind keine Laborratten und somit ein schwer zu untersuchendes Objekt. 2. Menschen sind individuell sehr verschieden. Das trifft vor allem auf die Wirkung von Salz zu, weshalb man auch von der sogenannten Salzsensitivität spricht. 30 bis 50 Prozent der Menschen mit Bluthochdruck und 10 bis 20 Prozent der Menschen mit normalem Blutdruck reagieren empfindlich auf die Zufuhr von Speisesalz. Beim Rest hat eine veränderte Salzzufuhr aber keinen oder nur einen geringen Einfluss auf die Blutdruckwerte [5].

Das Salz in unseren Lebensmitteln

Da Salz uns schmeckt und wir Produkte, die kein Salz enthalten, nicht kaufen würden, wird Salz natürlich auch bei der Herstellung von Lebensmitteln eingesetzt. Neben dem geschmacksgebenden Aspekt hat das auch technologische Gründe. Salz hemmt das Wachstum von Mikroorganismen und hat somit eine konservierende Wirkung. Nicht umsonst wurde das Pökeln erfunden. Salz bindet zudem Wasser und beeinflusst dadurch die Konsistenz, es verstärkt die Wahrnehmung der Süße und wirkt metallischem Geschmack entgegen. Bei der Herstellung von Backwaren ist es wichtig für die Teiglockerung und verhindert das Zusammenkleben des Teiges. Es sorgt damit für eine luftige Krume und eine krosse Kruste.
Also keine verarbeiteten Lebensmittel mehr kaufen und nur noch selbst kochen und backen? Auch wir verwenden bei der Essenszubereitung ganz selbstverständlich Salz und zwar nicht wenig. Dass Selbstkochen nicht zu einer verminderten Salzaufnahme führt, zeigt der 13. Ernährungsbericht der DGE. Frauen, die fast täglich selbst am Herd standen, verzehrten laut dem Bericht mit 3,5 g Natrium sogar mehr als jene, die weniger häufig selbst kochten [6].
Zudem hat sich die Lebensmittelindustrie im Rahmen der Nationalen Reduktions- und Innovationsstrategie der Bundesregierung dazu verpflichtet, die Gehalte von Zucker, Fett und eben auch Salz in ihren Produkten zu reduzieren. Neben Fertigprodukten stehen hier auch Brot und Backwaren im Fokus. Zwar soll die Rezepturhoheit weiter beim einzelnen Bäcker bleiben, erste Schritte zur freiwilligen Reduzierung sind jedoch eingeläutet. Sogenannte „Salzspitzen“ – also überdurchschnittlich hohe Salzgehalte soll es künftig nicht mehr geben und über einen sinn- und maßvollen Umgang mit Salz bei der Herstellung von Brot und Backwaren intensiv aufgeklärt werden.

Maß und Verstand statt Panik und schlechten Gewissens

Mit Salz ist es wie mit allem in unserer Ernährung – ja, wie eigentlich fast mit allem in unserem Leben. Es geht um das richtige Maß und um die Berücksichtigung von individuellen Aspekten. Salz ist nicht böse, es gibt keinen Grund zur Panik und ganz sicher ist der vollständige Verzicht auf Salz nicht empfehlenswert. Wer Salz isst, braucht kein schlechtes Gewissen zu haben, wer Brot isst, schon gar nicht. Es zählt zu unseren wichtigen Grundnahrungsmitteln und ist Teil einer ausgewogenen und gesunden Ernährung.

Quellenangaben

[1] DEGS Studie (Deutsches Erwachsenen Gesundheitssurvey), beauftragt vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), durchgeführt vom Robert-Koch-Institut (RKI); https://www.bmel.de/DE/Ernaehrung/GesundeErnaehrung/_Texte/DEGS_Salzstudie.html
[2] Mente A, O´Donnell M, Rangarajan S et al. Urinary sodium excretion, blood pressure, cardiovascular disease, and mortality: a community-level prospective epidemiological cohort study. Lancet 2018; 391 (10137): 2346-55
[3] https://www.dgfn.eu/wissenschaftsnews-details/salz-doch-nicht-so-schlimm.html
[4] https://www.lebensmittelverband.de/de/aktuell/20180817-studie-salz-konsum-wie-viel-gesund-ungesund-kanada
[5] https://www.dge.de/?id=485
[6] https://www.dge.de/nachrichten/detail/selbstkochen-verringert-natriumzufuhr-nicht/

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